Archiv

Ausgekugelt

… seit weniger als 36 Stunden sind wir nun komplett.

PAPA & MAMA

2 MÄDCHEN & 2 JUNGS

Ich beginne die Geschichte mal von vorne, sonst versteht man es nicht:

Bereits Mitte Februar hatte ich den leisen Verdacht schwanger zu sein. Ich schon es aber zunächst auf den Stress der letzten Monate und auf meinen bevorstehenden Jobwechsel. Anfang März bei der Untersuchung beim Frauenarzt hieß es dann, ich sei schwanger … laut meiner Rechnung mit einem Termin auf dem 9.10.2018. Als ich 2 Wochen später wieder hin gegangen bin, wurde der Fötus vermessen und aufgrund der Maße um 2 Wochen vordatiert. Somit hatte ich einen neuen Entbindungstermin, der mir laut Gesetz keine Wahl mehr ließ, ob wir das Baby bekommen oder nicht. Ich war nach neuer Errechnung bereits in der 12. Woche … voraussichtlicher Entbindungstermin (ET): 28.9.

Nun nahm das Schicksal seinen Lauf.

Die gesamte Schwangerschaft war von vielen Höhen und Tiefen gezeichnet. Immer war irgendetwas und erst zur Ruhe kam ich in den letzten 7 Wochen.

Nun rückte der Termin immer näher. 3 Wochen vor dem ET fing mein Körper mit Übungswehen an, … das hatte ich zuvor noch nie. Dann hieß es, dass der Muttermund schon geöffnet sei … 1 cm … okay, jetzt begann ich mir Termine auszumalen:

Die beiden Mädels kamen jeweils 9 Tage vor dem errechneten Termin, Sohnemann kam 4 Tage vorher. Bis zum 17.9. darf aber kein Baby kommen, weil meine Schwester und die Hebamme bis dahin im Urlaub sind, am 27. hat meine Schwester Geburtstag, 20. wäre ein tolles Datum (10 Tage vor meinem Geburtstag und 10 Tage nach dem Tochterkind), 30. mit mir zusammen Geburtstag zu haben, wäre auch cool, … naja … und bei all den Überlegungen waren wir plötzlich auf 9 Tagen über dem damals vordatiertem Termin.

Ein Sonntag war es, wo man mir mitteilte, dass sie empfehlen würden, die Geburt einzuleiten. Morgen … Montag, 8.10.2018 … zwischen 8 und 9 soll ich da sein.

Okay, alle Pläne über Bord geworfen und einen neuen entwickelt. Wir organisierten meine Schwiegereltern, sagten in der Grundschule bescheid, informierten das große Tochterkind und organisierten uns daheim.

Ich war extrem angespannt und nervös, wollte alles perfekt übergeben und stellte entsetzt fest, dass ich doch so vieles noch nicht erledigt hatte, was ich vor der Geburt erledigt haben wollte.

Die Wäsche hing noch auf der Leine, das Bad war nicht geputzt, die Blumen nicht gegossen, das Mittag nicht fertig, Abendbrot nicht eingekauft, die Nachlieferung der Betten war nicht aufgebaut, Papiere nicht sortiert…

Egal, wir mussten los.

9 Uhr hing ich bereits im Kreißsaal am CTG … nicht eine einzige verdammte Wehe war zu sehen. Was, wenn es jetzt ewig dauert? Ich hatte noch nie eine Einleitung. Wie fühlt sich das an, wie lange dauert das, wie schmerzhaft waren die Wehen damals eigentlich nochmal, …

10.02 Uhr bekam ich eine viertel Tablette Cytotec zum „testen“. Kind OK, keine Wehen. Bis 14 Uhr bekam ich Freizeit. Na super … daheim ist alles organisiert und ich soll jetzt atok mit dem GöGa Freizeit haben?! Wir haben uns doch nichts zu sagen und in der Situation erst recht nicht. Außerdem gibt es hier nicht mal einen REWE, so dass man als Ziel wenigstens dahin hätte gehen können.

Wir fanden einen Park mit Spielplatz und haben dann dort lange in der Sonne gesessen und uns sehr gut unterhalten. Auf dem Rückweg zur Klinik sind wir am Auto gewesen um Sachen zu packen, weil es hieß, dass ich erst wieder mit Baby nach Hause gehe.

14.06 Uhr bekam ich eine halbe Tablette Cytotec verabreicht. Vorher aber bekam ich eine Kanüle in den Arm gestochen und das CTG lief nebenher. Als ich nach den Erfahrungswerten fragte, sagte man mir, dass das sehr unterschiedlich sei. Bei einer Frau reicht eine halbe, andere brauchen 4 halbe immer im 4 Stunden Rhythmus.

Ich malte mir also Zeit aus … viel Zeit und hatte das Gefühl, dass der GöGa auch in der Luft hängt und wollte ihm frei geben oder weg schicken. Er wollte das CTG noch abwarten, …

Das CTG erkannte auf einmal viele Kontraktionen. Einige spürte ich nicht einmal. Bis auf die erste extrem lange und sehr schmerzhafte Wehe. Plötzlich fielen die Herztöne bei Baby 4 ab … ich wurde schnell umgelagert … da war er wieder. Zwei weitere Kontraktionen vergingen zügig und problemlos nacheinander und dann … wieder … keine Herztöne mehr beim Baby, umdrehen … kurz da, dann wieder weg … bangen und zittern.

Es wurde nach einem Gegenmittel für die Wehen gerufen und mir durch die Kanüle im Arm verabreicht. Ich begann unkontrolliert zu zittern und zu frieren. Es wurde ruhiger und gleichmäßiger wieder auf dem Zettel des CTGs. Die Hebammen waren alle so toll, jeder Handgriff saß, alles wurde erklärt, ich wurde Ernst genommen, hatte immer das Gefühl, die einzige da zu sein. Das war richtig gut. Auch im Dienstwechsel, … jede neue Person stellte sich vor oder die erste Schicht verabschiedete sich … wirklich Top. Auf dem CTG ging es munter weiter. 3x rutschten die Herztöne bei Baby 4 in den Keller. Zu den heftigen Schmerzen brauchte man diese Schrecksekunden nicht auch noch. Nochmal wurde mir das Gegenmittel verabreicht und ich hörte mich nur noch sagen:

Was habt ihr hier für Teufelszeug?!

Ich wurde vaginal einmal untersucht… dabei ist glaube auch die Fruchtblase geplatzt … 2 cm ist der Muttermund erst auf. Da wenig los war, beschlossen alle, mich in einen der Kreißsäle zu verlegen … auf ein Gebärbett mit mehr Platz.

Ich war froh, dass der GöGa nicht von meiner Seite wich, auch wenn er hilflos und unbeholfen im Zimmer stand. Zwischendurch versuchte ich Witze zu reißen, ihn zu beschimpfen und Wehen wegzupusten. Ich verfluchte diese Kontrollgeräte an meinem Körper, jedes Umlagern wegen der abfallenden Herztöne stresste mich zusätzlich.

Wehenpause:

Wann wolltest du fertig sein heute? 19 Uhr? Schaff ich!

Da ich im Liegen irgendwann nicht mehr konnte, bin ich nach der Information … gegen 16.50 Uhr „Wir sind jetzt bei 6 cm!“ aufgestanden. 3 Wehen lang überlegte ich, wem ich was beweisen will oder ob ich mir eine PDA setzen lasse, weil ich auch so hundemüde wurde und irgendwie Pause brauchte. Krass, wie der Körper zwischen Schmerz, Gähnen, Galgenhumor, Erschöpfung, Wut, … switchen kann während der Geburt. Dann sagte ich nur:

Katharina, ich bin keine Heldin, setzt mir eine PDA!

17.10 Uhr stellte mir der GöGa plötzlich komische Blutfragen weil ich diesen Bogen nicht ausgefüllt hatte, die Anästhesistin klärte mich auf und während sie so sprach, meinte ich nur:

Brauchen wir nicht mehr!

Presswehen, … 4 an der Zahl um das Kind nach draußen zu befördern.

Während ich so presste und den Anweisungen der Hebammen folgte, stellte ich mir immer eine große gelbe Ringelblumenwiese vor – wieso auch immer. Dann fiel mir ein Video ein, wo eine Frau total tiefenentspannt alleine ein Baby zur Welt brachte. Dann … war ich in Gedanken plötzlich beim Tochterkind und bat den GöGa ein Foto zu machen … total wirr. Ich wusste aber, dass es gleich vorbei ist …

… keine Wehenschmerzen mehr, keine Ungewissheit, kein Bangen …

Schlag 17.31 Uhr war er da. Ich sollte ihn mir selber auf die Brust holen. Ich zitterte, das hatte ich noch nie vorher getan.

So winzig, so weich, so zart, so ruhig …

SCHOCKVERLIEBT 😍